Kriterien für Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Neufahrn i.NB
Vorbemerkung:
Für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von PV-Freiflächenanlagen ist grundsätzlich eine gemeindliche Bauleitplanung (Flächennutzungsplan und Bebauungsplan) erforderlich. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht kein Rechtsanspruch (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
Übergeordnete Ziele der Landesplanung und Aussagen anderer Fachplanungen (Ausschlusskriterium)
Ausschlussflächen aus übergeordneten Zielen der Landesplanung (Regionalplan Landshut), wie landschaftliche Vorbehaltsgebiete (Vorbehaltsgebiet Nr. 14: Bach- und Flusstäler sowie Hügellandgebiete mit hohem Anteil schutzwürdiger Lebensräume im Donau-Isar-Hügelland, (z.B. Hanglagen des Etzenbachtals, Geländerücken oberhalb Hebramsdorf, Hofendorf und Ettenkofen und nordwestlich von Neufahrn, Labertal), Vorbehaltsgebiete Bodenschätze.
Flächen, die im Landschaftsplan der Gemeinde anderen Nutzungen vorbehalten sind, Lebensräume des Biotopverbunds, Flächen mit Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in den Naturhaushalt
Ausschlussflächen auf Grund Aussagen anderer Fachplanungen, wie Flächen für Versorgungsanlagen, Bodendenkmäler, Quellbereiche, amtlich kartierte Biotope, Gewässer, Gewässerrandstreifen, Überschwemmungsgebiete.
In Wasserschutzgebieten (ZONE I Fassungsbereich) ist der Bau von PV-Freiflächenanlagen ausgeschlossen. In den weiteren Schutzzonen sind PV-Anlagen in der Regel unter bestimmten Maßgaben möglich, hierzu wird auf das Merkblatt Nr. 1.2/9 des Bayerischen Landesamtes für Umwelt Planung und Errichtung von Freiflächenanlagen-Photovoltaikanlagen in Trinkwasserschutzgebieten verwiesen.
Sichtbarkeit/
Landschaftsbild (Ausschlusskriterium)
Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen dürfen nicht in Sichtbeziehung zu Wohngebäuden, auch nicht zu Aussiedlerhöfen, errichtet werden. Der Projektentwickler muss dazu im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens eine Sichtbarkeitsanalyse oder eine Visualisierung vorlegen.
Gegebenenfalls soll der Projektierer darlegen, dass die Sichtbarkeit der Solaranlage durch das Anlegen von z. B. Hecken ausreichend begrenzt werden kann.
Landwirtschaftliche Qualität der Böden
Der Bau von Photovoltaik-Anlagen soll nicht zu einer Verknappung qualitativ besonders hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen führen. Daher sollen auf Ackerflächen ab einer Wertzahl >55 (bezogen auf die durchschnittliche Bodenzahl eines Flurstücks) (1 keine Photovoltaik-Anlagen installiert werden.
Natur- und Artenschutz-Verträglichkeit
(siehe Anhang)
Der Projektentwickler muss im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens darlegen, wie die Fläche nach Inbetriebnahme gepflegt werden wird. Dies muss möglichst so erfolgen, dass die Artenvielfalt auf den Flächen gefördert wird.
Der Betreiber muss durch ein Mindestmaß an Pflege der Fläche gewährleisten, dass die Bewirtschaftung benachbarter, landwirtschaftlich genutzter Flächen nicht beeinträchtigt wird.
Regionale Wertschöpfung/Wahrung kommunaler Interessen
Die Gemeinde Neufahrn i.NB legt darauf Wert, dass von Photovoltaik-Projekten nicht nur
Einzelne einen finanziellen Nutzen haben, sondern dass allen Bürgerinnen und Bürgern in einem gewissen Ausmaß eine Beteiligung an den Anlagen ermöglicht wird. In diesem Sinne müssen Projektentwickler/Projektbetreiber im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens darlegen, in welcher Form eine finanzielle Beteiligung in Höhe von mind. 30% am Photovoltaik-Projekt angeboten wird.
Die Wahrung kommunaler Interessen regelt ein städtebaulicher Vertrag (dieser umfasst u. a.die Verpflichtung des Projektentwicklers zur Vertragserfüllung und Rückbau der Anlage nach Ablauf der Betriebslaufzeit, die verbindliche Formulierung von Aspekten der Projektaus-gestaltung) und ist mit unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaften einer deutschen Genossenschaftsbank oder Sparkasse unter Verzicht auf Einrede der Anfechtung, Aufrechnung sowie Vorausklage abzusichern.
Netzanbindung
Die Anbindung der Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen an das Stromnetz soll per Erdver- kabelung erfolgen.
Begrenzung des jährlichen Zubaus an Freiflächen-Photovoltaik sowie des max. Zubaus insgesamt
Pro Kalenderjahr wird der Gemeinderat Freiflächen-Solaranlagen mit einer Gesamt-Größe von 6,0 ha über die Bebauungsplanung ermöglichen.
Der Gemeinderat wird spätestens nach vier Jahre nach Verabschiedung des Kriterienkataloges diese Kriterien neu überdenken und beraten.
(1 Der Boden höchster Ertragsfähigkeit in Deutschland hat die Wertzahl 100. Die Wertzahlen der Böden geben das prozentuale Ertragsverhältnis zum besten Boden an. Die durchschnittliche Acker-Bodenzahl im Landkreis Landshut ist 55.
Anhang
Erläuterung/
Konkretisierung der Vorgaben hinsichtlich Natur- und Artenschutz (Vorbehaltlich der Vorgaben der Unteren Naturschutzbehörde
und anderer an der Bauleitplanung beteiligter Fachstellen)
(Zu 4: Natur- und Artenschutz-Verträglichkeit)
Umzäunung
o Der Projektierer muss die Umzäunung der Anlage so gestalten, dass sie Natur- und
Artenschutz fördert. Hierfür können beispielsweise Naturzäune, bestehend aus
heimischen Gehölzen, eine Möglichkeit darstellen.
o Die Umzäunung der Anlage muss eine Durchlässigkeit für Kleintiere gewährleisten.
Innerhalb der Anlage
o Die Aufständerung der Solaranlagen muss ausreichend Platz vom Boden bis zur
Unterkante der Solar-Module betragen, damit Tiere darunter durchwandern können. Als
Richtwert gelten 80 Zentimeter Abstand, damit z.B. Schafe problemlos zur Pflege der
Flächen eingesetzt werden können.
o Die Fläche unterhalb der Photovoltaik-Module muss im Sinne einer ökologisch
orientierten und artenschutzfördernden Bewirtschaftung gepflegt werden. Dies
beinhaltet den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und auf Gülle
oder andere Düngemittel.
o Die Pflege der Fläche muss so gestaltet sein, dass verschiedene Arten von einheimischen
(Blüh-)Pflanzen und Insekten (wie Bienen) sich dort ansiedeln können. Die Flächen
können beispielsweise mit Heudrusch nah gelegener, artenreicher Wiesen oder
Wildpflanzen-Saatgut aus regionaler Produktion eingesät werden.
o Die Pflege der Fläche muss mit einer mechanischen Mahd oder Schafbeweidung
erfolgen. Die Flächen sollten möglichst abschnittsweise gemäht werden (nicht die
komplette Fläche an einem Tag).
o Die Mahd muss zeitlich so erfolgen, dass zuvor ein Abblühen der Blühpflanzen möglich
ist. Allerdings sind Unkräuter, die sich nachteilig auf benachbarte, landwirtschaftliche
Flächen auswirken (z.B. Disteln, o.ä.) ggfs. manuell vor dem Samenflug in einer früheren
Mahd zu beseitigen.
o Die Möglichkeit, Bienenkästen oder eine Imkerei auf der Anlage zu unterhalten, muss
geprüft und bei Möglichkeit umgesetzt werden.
Ausgleichsflächen
o Die Ausgleichsflächen, die der Projektierer vorweisen muss, müssen sich sinnvoll in das
lokale Ökosystem einfügen.
Tierschutz
o Die Anlage muss so gestaltet werden, dass z. B. Rebhühner, Wachteln und Wildtiere nicht
maßgeblich in ihrem Lebensraum eingeschränkt werden. Gegebenenfalls müssen
Wildkorridore vorgesehen werden.
Neufahrn i.NB, 09.11.2022
Gemeinde Neufahrn i.NB
Forstner
Erster Bürgermeister